Seit etwa dreißig Jahren wird in der Filmproduktion mit grünen Hintergründen – so genannten Green Screens (manchmal auch blau – dann Blue Screen) gearbeitet. Stellt man Schauspieler vor diese einfarbigen Hintergründe, so können diese freigestellt und durch virtuelle CGI 3D-Sets ersetzt werden. Ganz egal, ob Marvel’s Avengers oder Harry Potter: Die fantastischen Welten, in denen die Filme spielen, wurden über Jahrzehnte auf diese Weise mit dem echten Realbild aus der Kamera kombiniert. Früher war es zudem nötig, dass man von Hand die Bewegung der „echten“ Kamera auf eine virtuelle Kamera überträgt: Ein recht aufwendiges Thema, wenn im Vordergrund des Greenscreens viele Objekte stehen. Insbesondere Objekte mit Reflektion, wie Autos mit glänzendem Lack, bereiteten Kopfschmerzen für die zuständigen VFX Artists. Seit 2020 ist damit Schluss – zumindest für einen Teil der Produktionen. Das magische Stichwort ist „In-Camera-VFX“. Bedeutet konkret: Anstatt im Nachhinein virtuelle Hintergründe einzufügen, werden diese auf einer LED-Wand im Hintergrund eingespielt und direkt von der Kamera abgefilmt. Das verkürzt (zumindest in der Theorie) die Zeitaufwände in der Postproduktion des Filmmaterials.

The good, the bad, the ugly

Die moderne, LED-basierte Virtual Technologie hat ihre Vor- und Nachteile. Die bekannteste Produktion, die nach eigenen Angaben inzwischen nicht mehr Unreal sondern eine selbst entwickelte Lösung einsetzt, ist Disneys „The Mandalorian“. Viele der Betreiber für die Virtual Production Caves kommen aus dem Schwabenland: Die auf Visual Effects und 3D Animation spezialisierte Firma Pixomondo stellt so gerade die Virtual Production Stages für die CBS-Serie „Star Trek: Discovery“ zur Verfügung. Die Idee ist dabei nicht neu: Bereits Filme aus den vierziger und fünfziger Jahren nutzten Rückprojektion um beispielsweise Szenen in fahrenden Autos einfacher drehen zu können.

Vorteile

  • Dadurch, dass LED-Panels selbstleuchtend sind, werden in der Szene aufgebaute Gegenstände, wie Autos, absolut realitätsgetreu beleuchtet. Resultierende Reflektionen sehen täuschend echt aus
  • In der Postproduktion kann viel Zeit gespart werden, da die Effekte direkt beim Filmen in der Kamera entstehen anstatt hinterher
  • Über so genannte Motion Capturing oder Tracking Systeme überträgt sich die Kameraposition in die virtuellen in Echtzeit berechneten Hintergründe: So stimmt die Parallaxe, also die Tiefenverschiebung im Raum, immer perfekt mit der Kameraposition in der „echten“ Welt überein
  • Extrem aufwändige 3D-Hintergründe sind dank dieser Technologie auch erstmalig für Livestreams möglich – Zuschauer könnten sogar theoretisch in Echtzeit mit den Hintergründen interagieren

Nachteile

  • Ein Scharfstellen auf den virtuellen Hintergrund ist nicht möglich, da die LEDs sonst zu so genannten Moiré-Effekten führen. Das dadurch resultierende Flimmern wirkt sehr störend im Bild – somit eignet sich die LED-Wall vor allem für unscharfe Hintergründe
  • Die virtuellen Sets müssen vor den eigentlichen Produktionstagen in 3D vorgebaut werden und eine Änderung der Inhalte ist in der Postproduktion nur mit erheblich größerem Aufwand möglich
  • Eine Achillesferse ist der Übergang vom Studioboden zur LED-Wand: Diese „Naht“ im Bild muss kreativ überdeckt werden, beispielsweise über tatsächlich physisch existierende Set-Bestandteile wie Möbel, Pflanzen oder andere „Versatzstücke“ zum Kaschieren dieser Stelle
  • Die Mietkosten für eine LED-Cave bewegen sich noch in einem relativ hohen Niveau, sodass der Einsatz nur für Produktionen mit großem Budget möglich ist

Fazit

Insbesondere für Filmproduktionen mit vielen reflektierenden Flächen – zum Beispiel Car Commercials – eignet sich die Technologie ganz hervorragend. Simplere Studiodrehs, bei denen beispielsweise nur einzelne Personen in eine virtuelle Umgebung eingefügt werden sollen, werden sicher in der näheren Zeit noch sinnvoller mit der klassischen Greenscreen-Variante zu lösen sein, die man übrigens zwischenzeitig auch mit Echtzeithintergründen aus der Unreal Engine kombinieren kann.

Das Bildmaterial wurde freundlicherweise von Epic Games bzw. der Filmakademie Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt.