Es hört sich fast an wie ein schönes Märchen: Absolut fotorealistische Grafik auf allen Geräten, egal wie alt oder neu. Das Einzige was der Nutzer benötigt ist ein moderner Webbrowser und eine stabile Internetverbindung. Verschiedene Anbieter locken inzwischen mit diesem Versprechen und richten sich dabei hauptsächlich an GamerInnen – egal ob „NVIDIA GeForce NOW“ , „Shadow Cloud PC“ aus Deutschland oder „Google Stadia“. Der Gedanke hinter den Angeboten ist einfach: Egal wo ich mich als Nutzer befinde, ich kann interaktive Anwendungen und PC-Games in höchstmöglicher Qualität spielen. Auch auf dem Smartphone. Im Bereich der Industrieanwendungen gab es jedoch sehr lange keine gute Möglichkeit, sehr aufwändige Anwendungen im Webstreaming verfügbar zu machen. Innerhalb der Unreal Engine wurde zur Lösung dieses Problems ein Toolkit eingerichtet, welches sich Pixel Streaming nennt: Damit können visuell anspruchsvolle Anwendungen einfach in der Cloud berechnet und zu Client-PCs gestreamt werden. Quasi wie ein „Teamviewer“, in dem man remote die Anwendung vollständig interaktiv bedienen kann, die die Eingaben des Nutzers an den Server übertragen werden.

Vor- und Nachteile

Durch die Pixelstreaming Technologie lässt sich also beispielsweise ein Konfigurator für Automobile in fotorealistischer Qualität umsetzen, welcher dann auf der Webseite des Herstellers eingebunden werden kann und von jedem Nutzer-Endgerät aus verfügbar ist. Anhand von diesem Beispiel seien hier die wichtigsten Vor-und Nachteile aufgelistet:

Vorteile

  • Eine Anwendung, die sonst nur auf einem Gaming-PC lauffähig wäre kann universell eingesetzt werden – egal wo, sogar auf eine Webseite
  • Die Anwendung ist beim Aufruf der Webseite nahezu sofort verfügbar, da vergleichbar mit beispielsweise einem YouTube Video keinerlei große 3D-Daten geladen werden (diese befinden sich schließlich auf dem Cloud-Server) – die Videoauflösung skaliert auf Basis der verfügbaren Bandbreite automatisch mit
  • Das Endgerät des Nutzers kann alt oder langsam sein, die visuelle Darstellungsqualität der 3D-Ansichten ist dabei trotzdem immer identisch und nicht hardware-abhängig
  • Sobald mindestens 50.000kbit/s Internet verfügbar sind (zwischenzeitig sehr weit verbreiteter DSL-Standard) oder eine LTE-Verbindung am Smartphone kann die Anwendung quasi latenzfrei bedient werden

Nachteile

  • Für jeden Nutzer, der die Anwendung aufruft, muss eine komplett eigene Serverinstanz zur Verfügung gestellt werden. Diese GPU-Serverinstanzen sind zum aktuellen Zeitpunkt recht hoch bepreist (ca. 8ct / Minute Streaming pro Nutzer)
  • Die mit Unreal entwickelte interaktive Anwendung muss zusätzlich durch ein Backend ergänzt werden, welches automatisch Serverinstanzen startet und stoppt (sodass für ungenutzte Instanzen auch keine Kosten anfallen), ein solches Backend wird beispielsweise von der b.ReX GmbH aus Stuttgart bereitgestellt
  • Sind alle Server-Kapazitäten ausgeschöpft entstehen Ladezeiten, da der jeweilige Server-Anbieter erst neue Instanzen hochfahren muss (ca. 30-40 Sekunden, die mit einem Ladebalken überbrückt werden)

Fazit

Auch schon heute eignet sich Pixelstreaming für interaktive Anwendungen im Web. Die dabei noch schnell skalierenden Kosten bedeuten jedoch, dass der Einsatzzweck sich meist auf wenige tausend parallele User beschränken dürfte. Spannend ist die Technologie insbesondere auch für kollaborative Anwendungen, da sich in einer virtuellen Szene auch mehrere Nutzer gleichzeitig anzeigen lassen, die die Anwendung gerade im Browser ausführen. Gerade für virtuelle Events, Messen, eLearning oder Markenerlebnisse lassen sich so großartige interaktive Erlebnisse schaffen.

Bilderquelle: Epic Games